Der Großvater
03. Januar 2022
... und sein Enkel
Es war einmal ein steinalter Mann, dem waren die Augen trüb geworden,
die Ohren taub, und die Knie zitterten ihm.
Wenn er nun bei Tische saß und den Löffel
kaum halten konnte, schüttete er Suppe auf das Tischtuch,
und es floß ihm auch etwas wieder aus dem Mund.
Sein Sohn und dessen Frau ekelten sich davor,
und deswegen mußte sich der alte Großvater endlich
hinter den Ofen in die Ecke setzen,
und sie gaben ihm sein Essen in ein irdenes Schüsselchen
und noch dazu nicht einmal satt;
da sah er betrübt nach dem Tisch, und die Augen wurden ihm naß.
Einmal auch konnten seine zitterigen Hände
das Schüsselchen nicht festhalten, es fiel zur Erde und zerbrach.
Die junge Frau schalt, er sagte aber nichts
und seufzte nur. Da kaufte sie ihm ein hölzernes Schüsselchen
für ein paar Heller, daraus mußte er nun essen.
Wie sie da so sitzen, so trägt der kleine Enkel
von vier Jahren auf der Erde kleine Brettlein zusammen.
"Was machst du da?" fragte der Vater.
"Ich mache ein Tröglein", antwortete das Kind, "
daraus sollen Vater und Mutter essen, wenn ich groß bin."
Da sahen sich Mann und Frau eine Weile an,
fingen endlich an zu weinen, holten alsofort
den alten Großvater an den Tisch und ließen ihn
von nun an immer mitessen, sagten auch nichts,
wenn er ein wenig verschüttete.