Küng über Jens
23. Februar 2009
Der Theologe Hans Küng über seinen dementen Freund Walter Jens:
Mein Freund, der große Rhetor Walter Jens, lebt noch unter uns und mit uns, aber eingeschlossen in seine eigene Welt. Zum ersten Mal erlebe ich solches aus der Nähe:
diese Art des Absterbens des Hirns mit verheerenden Folgen. Es ist mit diesem Geistesmann kaum noch eine geistige Kommunikation möglich, allerdings eine emotionale, etwa wenn ich ihm seine geliebte Schweizer Schokolade bringe, und er lächelt.
Was er das Fazit nennt in unserem Buch „Menschenwürdig sterben. Ein Plädoyer für Selbstverantwortung“, hat sich für ihn nicht erfüllt:
„Die Poesie, deren Wesen es ist, in Gleichnis und Bild eine ars vivendi zu lehren, sollte entschiedener als bisher die Partei jener ergreifen, die jenes fünfte Recht der Kranken und Sterbenden ins Blickfeld rücken, das Recht, nicht leiden zu müssen, sondern in Frieden und Würde sterben zu können. Millionen von Menschen könnten, wie Hans Küng und ich, gelassener ihrer Arbeit nachgehen, wenn sie wüssten, dass ihnen eines Tages ein Arzt zur Seite stünde: kein Spezialist, sondern ein Hausarzt wie Dr. Max Schur es war, einer der bewundernswertesten Männer dieses Jahrhunderts, der nicht zögerte, seinem Patienten Sigmund Freud die tödliche Morphium-Dosis zu geben ...“
Am Anfang seiner Krankheit antwortete er auf meine Frage: „Wie geht es dir, mein alter Freund?“ mit den Worten: „Schlecht. Es ist schrecklich. Ich möchte sterben.“ Ich fühlte mich rat- und machtlos.
Hans Küng in der FAZ vom 21.02.2009. Hier können Sie weiterlesen !
Dort heißt es:
"Zur Versachlichung der aktuellen Sterbehilfe-Diskussion, in der es doch in erster Linie um die Menschenwürde alter, kranker, pflegebedürftiger und sterbebereiter Menschen gehen sollte, hier ein mehrfacher Appell:
Ein Appell zuerst an die Juristen: Sie mögen ihre lobenswerten Bemühungen um mehr Patientenautonomie fortsetzen und sich verstärkt für gesetzliche Regelungen im Zivil- wie im Strafrecht einsetzen. Patientenverfügungen sollten von allen Instanzen unbedingt respektiert werden. Dann sollte für die Sterbehilfe (auch gegenüber Missbrauchsgefahren) Rechtssicherheit geschaffen werden, um nicht zuletzt den Ärzten die Furcht vor Strafverfolgung zu nehmen."