Wettlauf der Geliebten
Hier eine Entscheidung, die grundlegende Bedeutung hat für das neuere Recht der Vollmacht überhaupt. In ihr ist der alte Grundsatz untermauert, daß man
das Vertrauen dort suchen soll, wo man es verloren hat.
Was darunter zu verstehen ist, wird gleich deutlich :
Der Bundesgerichtshof hat am 25.10.1994 ( XI ZR 239/93 ) einen illustren Fall entschieden, den man auch als
„Wettlauf der Geliebten“
bezeichnen kann.
( Mit der Geschichte habe ich schon so manches Damen-Publikum erheitert...)
Ein Mann hatte seiner Lebensgefährtin eine Bankvollmacht erteilt.
An dieses Papier dachte er längst nicht mehr, als es Jahre später zum Bruch dieser Beziehung gekommen war und er seitdem mit einer anderen Geliebten zusammenlebte.
Diese zweite Lebensgefährtin machte er auch testamentarisch zur Erbin.
Als er starb, ging die erste Geliebte sofort mit ihrer alten, ( von ihm ) längst vergessenen Vollmacht zur Bank und räumte das Konto leer.
Die zweite Geliebte und Erbin konnte mangels Guthabens nichts mehr abheben.
Daraufhin verklagte sie die erste Geliebte und erstritt ein obsiegendes Urteil auf Rückzahlung der gesamten Summe; aber der Gerichtsvollzieher konnte bei der ersten Geliebten n i c h t s mehr beitreiben. Sie hatte alles schon verbraucht.
Deshalb verklagte die Erbin die Bank auf Schadensersatz, weil die Bank das Geld an die frühere Geliebte ausgezahlt hatte. Aber diese Klage blieb erfolglos.
Der Bundesgerichtshof nahm die Vollmacht ernst. Die Erbin hätte die Abhebung des Geldes nur verhindern können, wenn sie die Vollmacht schnellstens widerrufen hätte.
Zwar sahen auch die Richter das Problem, dass das auf den Erben übergegangene Widerrufsrecht oftmals keinen Schutz gewährt, weil der Widerruf nicht rechtzeitig erfolgen kann.
Man könne aber der Bank keinen Vorwurf machen, denn sie habe nur – entsprechend dem ursprünglichen Willen des Erblassers – aufgrund der Vollmacht das Kontoguthaben sofort an den Bevollmächtigten ausgezahlt.
Hier der Abdruck der Entscheidung aus der amtlichen Sammlung