Homosexuelle Paare haben seit 1. Januar mehr Rechte. Um die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften voranzutreiben, wird jetzt auch eine Witwenrente gewährt.
Ungewollt haben damit aber auch Heterosexuelle die Möglichkeit, sich gegenseitig abzusichern. Einen ersten Fall gibt es in Bad Schwartau.
Von Sven Wehde
Im Trauzimmer des örtlichen Standesamts gaben sich zwei Freundinnen, 79 und 73 Jahre alt, das Ja-Wort, obwohl sie nach eigenen Angaben keine Lesben sind. "Wir sind nicht ,anders’, wir wollen uns aber gegenseitig absichern", sagten sie, bevor sie vor dem Standesbeamten die als "Homo-Ehe" bekannt gewordene eingetragene Lebenspartnerschaft eingingen. Die Bundesre-gierung hatte diese Möglichkeit 2001 eingeführt, um homosexuellen Partnern verbindlichere Beziehungen zu ermöglichen. Sie kann jedoch auch von zwei Menschen eingegangen werden kann, die gar kein schwules oder lesbisches Verhältnis haben. Die Hochzeit der beiden Rentnerinnen ist ein in Schleswig-Holstein vermutlich einmaliger Vorgang, den das Bundesjustizministerium nicht beanstandet. "Es ist richtig, dass die Lebenspartnerschaft nicht von einer homosexuellen Neigung abhängt. Das ließe sich schwer kontrollieren", sagt ein Ministeriumssprecher.
Freunde oder Freundinnen können sich auf diesem ungewöhnlichen Weg gegenseitig ihre Rente "vermachen". Sofern die Homo-Ehe beim Tod eines Partners mindestens ein Jahr lang bestand, kann laut Gesetz Hinterbliebenenrente beantragt werden. Sie beträgt bis zu 55 Prozent der Rente des Verstorbenen. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) will die Lebenspartnerschaft auch im Steuer- und Erbrecht der Ehe gleichstellen - allerdings müsste der CDU-dominierte Bundesrat zustimmen.
Vor allem heterosexuelle, allein stehende Senioren, die keine Ambitionen auf eine Heirat oder Liebesbeziehung mehr haben, könnten sich für die rentensteigernde Homo-Ehe interessieren. Zwar kann auch die traditionelle Ehe als "Vorteilspakt" eingegangen werden, doch bei der Lebenspartnerschaft gilt dies als wahrscheinlicher, denn der "beste Freund" oder die "beste Freundin" ist meist gleichen Geschlechts. "Ich halte die Missbrauchsgefahr dennoch für äußerst gering. Schließlich überwiegen immer noch die wechselseitigen Pflichten wie zum Beispiel Unterhaltszahlungen", sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Olaf Scholz den LN. Der Staat habe das Gesetz auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften bezogen, werde "aber nicht in den Privaträumen nachforschen", so Scholz.
Kritik kommt von der Opposition in Berlin. "Das ist ein Beispiel für die ausufernde rot-grüne Gleichstellungspolitik, die am Ende ein Angebot für den Cleveren schafft", sagt Norbert Röttgen, rechtspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Zwar müsse das Zusammenleben homosexueller Paare auch rechtlich anerkannt werden, eine Gleichstellung mit der Ehe lehne man aber ab. Überrascht reagiert die Vorsitzende des Lübecker Seniorenbeirats, Anke Horn. Sie spricht von einer "wirklich pfiffigen Idee" der Schwartauerinnen. Es sei nicht verboten, Gesetzeslücken auszunutzen.
aus : Lübecker Nachrichten 01 / 2005
Lesen Sie hierzu auch den Kommentar in der WAZ >>zurück<<
|