Pflichtteilsrecht - noch zeitgemäß ?
Das fragen sich nicht wenige Zeitgenossen.
Das Erbrecht des BGB entstand, als die Menschen eine Lebenserwartung von unter 50 Jahren hatten.
Enterbte Kinder waren noch klein und sollten nicht völlig leer ausgehen. Pflichtteilsrecht um 1900 war der Ausgleich zwischen Testierfreiheit und gesetzlichem Erbe.
Das - und vieles mehr - ist heute anders. Und doch versteht sich der Bundesgerichtshof (BGH) nach einem berühmt gewordenen Ausspruch von Notar Prof. Dr. Langenfeld (NJW 1994, 2133 ff) als
"Schutzpatron der Pflichtteilsberechtigten ".
Anlaß genug, einmal nach den Grundlagen zu fragen.
Das tut eine von mir im Internet entdeckte Doktorarbeit (Doktormutter ist die profilierte Hochschullehrerin und Protagonistin des modernen Schuldrechts Frau Prof. Dr. Barbara Dauner-Lieb von der Uni Köln) .
Aus: ZEV – Report Zivilrecht ( Jörg Mayer ) 1.3 Pflichtteilsrecht
Reformüberlegungen zur Pflichtteilsentziehung
In einem sehr ausführlichen Aufsatz in AcP 2004 Seite 804 beschäftigt sich Knut Werner Lange im Anschluß an die Empfehlungen des 64. Deutschen Juristentages von Oktober 2002 ( dazu bereits Klingelhöffer, ZEV 2002, 293 ) mit der Pflichtteilsentziehung gegenüber Abkömmlingen und vor allem mit der Frage, wie die Pflichtteilsentziehungsgründe geändert werden sollten.
Ausgehend von der Überlegung, daß der bisher bestehende Katalog von Entziehungsgründen vielfach nicht mehr zeitgemäß ist und erhebliche Lücken aufweist, spricht sich der Verfasser dafür aus, stattdessen eine Generalklausel einzuführen.
Diese soll zum einen auf die Vermutung einer schwerwiegenden Verletzung familienrechtlicher Pflichten abstellen, zum anderen auf die Vermutung für erbrachte Solidarleistungen. Zur Erhöhung der Rechtssicherheit erscheint es ihm zweckmäßig, die Generalklausel durch einen nicht abschließenden Beispielskatalog zu konkretisieren.
Einen allgemeinen Zerrüttungstatbestand als Grund für die Pflichtteilsentziehung lehnt Lange zu Recht ab.