Vorsicht Erbverzicht Anfang Februar 2004 erscheint ein Mandant, ein Rechtspfleger, zur Sprechstunde. Er schildert folgendes: Sein Opa Willi ist verstorben. Er hat ihn in einem notariellen Testament zu seinem alleinigen Erben eingesetzt. Sein Opa hatte zwei Kinder, seine Mutter Ursula und seinen Onkel Werner. Onkel Werner hatte in einer notariellen Vereinbarung einen Erb- und Pflichtteilsverzicht erklärt. Er war dafür abgefunden worden. Sein Bruder Detlef macht nun Pflichtteilsansprüche geltend. Er überreichte mir das Schreiben eines Kollegen aus der Nachbarstadt. Der erste Schritt ist: Man muss als Erbe Auskunft erteilen über den Bestand und den Wert des Nachlasses. Denn sonst kann der Pflichtteilsberechtigte seine For-derungen nicht berechnen. Der Pflichtteil beträgt immer die Hälfte dessen, was dem Pflichtteilsberechtigten als gesetzlicher Erbe zustünde. Hier waren es zwei Geschwister, die ihren Vater, den Opa Willi, zu je ½ Anteil beerbt hätten, wenn sie bei seinem Tod noch gelebt hätten. Der Onkel Werner war abgefunden und die gemeinsame Mutter Ursula vorverstorben. Also hätte der Pflichtteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils der beiden Geschwister, Onkel Werner und der Mutter, mithin jeweils ¼ ausgemacht. Der Pflichtteil betrüge somit 1/8. Die Aktiva, das waren hier das Barvermögen und ein Hausgrundstück. Auch die Passiva, Beerdigungskosten etc. waren schnell geklärt. Probleme machte die Bewertung des Hausgrundstückes. Hier halfen wir uns: Die Gegenseite war schnell davon zu überzeugen, dass der Bodenrichtwert laut Richtwertkarte zuzüglich dem Gebäudewert (soundsoviel Euro pro cbm umbauten Raumes) den ungefähr richtigen Wert ergaben. Im Mai 2004 bestätigten wir der Gegenseite, dass der Mandant bereit sei, 1/8 des Netto-nachlasses zu zahlen. Es ging um einen Betrag von rund 24.000,00 EUR. In kaum mehr als 3 Monaten war die Sache erledigt. Kein sehr langer Zeit- raum. Ohne Gutachter- und Gerichtskosten und ohne die entsprechend erhöhten Anwaltskosten. Dem Mandant stellten wir als Honorar 1.904,84 EUR in Rechnung. Der Mandant zahlte dies mit Freuden. Warum? Ich hatte mir die notarielle Urkunde vorlegen lassen, worin der Onkel Werner gegen Zahlung einer Abfindungssumme einen Erbverzicht erklärt hatte, nicht nur einen Pflichtteilsverzicht. Ist das ein Unterschied ? Und ob! Gemäß § 2346 Abs. 1 S. 2 BGB ist, wer „auf sein Erbe verzichtet, von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, wie wenn er zur Zeit des Erbfalles nicht mehr lebte“. Folge für unseren Fall ? Onkel Werner war zu behandeln, wie wenn er nie geboren wäre (§§ 2310 S.2 , 1935 BGB ). Alleinige Erben wären also - wegen der vorverstorbenen gemeinsamen Mutter - mein Mandant und sein Bruder Detlef zu je 1/2 Anteil gewesen. Der machte 1/8 geltend, hätte aber 1/4 fordern können. Dies hatte sein Anwalt übersehen. Der Unterschied macht – Sie erinnern sich – runde 24.000,00 EUR. Das hat der Mandant, ein Rechtspfleger, sofort verstanden. Deswegen zahlte er das Anwaltshonorar mit Freuden. Der Mandant hat aber nicht nur die 24.000,00 EUR Pflichtteilsforderung gespart: Bei einer Forderung von 48.000,00 EUR wären unsere Gebühren höher gewesen, nämlich Gegenstandswert: 48.000,00 EUR 8,5/10-Geschäftsgebühr gem. §§ 11, 118 Abs. 1 Ziff. 1 BRAGO | 889,10 EUR | 15/10-Vergleichsgebühr gem. §§ 11, 23 BRAGO | 1.569,00 EUR | Pauschalauslagen | 20,00 EUR | Fotokopien | 10,00 EUR | Summe netto | 2.488,10 EUR | 16 % MWSt | 398,10 EUR | Summe | 2.886,20 EUR | Der Mandant hatte auch noch weitere Gebühren in Höhe von 981,36 EUR gespart. Merke: Hände weg vom Erbverzicht (Haftungsfalle) !
Man erklärt lediglich einen Pflichtteilsverzicht (§ 2346 Abs. 2 BGB). |