Lob des Anwalts 2
Ein König vermißte einen wertvollen Ring. Diesen hatte er in einem Zimmer aufbewahrt, zu dem eine Hofdame Zutritt hatte, welche mit dem König auf sehr vertrauten Fuße Stand.
Die Dame beteuerte ihre Unschuld. In seinem Zorn schwor der König, er werde sich nie mehr einer Hofdame einlassen, wenn er nicht von besagter Dame die Wahrheit höre. Doch bald reute ihn sein voreiliger Schwur und er fürchtete, ihn zu brechen.
Da ließ er einen der bekanntesten Advokaten seines Landes holen und fragte ihn um Rat. Dieser dachte nach, wiegte sein Haupt und sagte schließlich:
„Herr, laß mich mit der Dame allein sprechen.“
Zu der Dame sagte er: „Der König wird dich dreimal fragen, ob du den Ring genommen hast. Antworte zunächst, du habest es nicht getan, sage dann, du habest es getan und erkläre ihm schließlich alles.“
Dem König sagte er, „Frage sie dreimal, ob sie den Ring genommen hat, so wirst du die Wahrheit hören.“
Der König tat wie ihm geraten, und die Dame erklärte erst, sie müsse ehrlich gestehen, daß sie den Ring nicht genommen habe, dann, wenn sie ganz ehrlich gestehe, so habe sie den Ring doch genommen, und schließlich erzählte sie, was ihr der Advokat geraten hatte.
Der König bat den Advokaten um Erklärung.
„Freue dich, Herr“, erwiderte dieser, „du bist deines Eides ledig. Hat nicht die Dame gesagt, sie habe den Ring genommen und sie habe ihn nicht genommen? Also hast du mit einer ihrer Antworten die Wahrheit gehört.“
Der König wars zufrieden und er setzte den Advokaten zum Verwalter seines Alimentenfonds ein.