Erbe trägt Betreuungskosten
12. November 2006
Erstattung von Betreuungskosten aus dem Nachlaß bei
unbekannten Erben
Die der Staatskasse aus dem Nachlaß zu erstattenden Betreuungskosten können gem. § 1836 e Abs. 1 S. 3 BGB gegen die unbekannten Erben des Betreuten (vertreten durch einen Nachlaßpfleger) im Verfahren nach §§ 56 g Abs. 1 S. 2, Abs. 3, 69 e FGG festgesetzt werden.
Dem unbekannten Erben ist im Festsetzungsbeschluß das Recht vorzubehalten, die persönlichen Haftungsbeschränkungen nachträglich geltend zu machen.
Thüringer OLG, 9.1.2006 - Az: 9 W 664/05
Das muß man erklären, zum Beispiel so:
Sie hatten einen ledigen und kinderlosen Bruder, der frühverrentet war wegen Alkohols.Er hatte einen vom Vormundschaftsgericht eingesetzten Betreuer. Dessen Kosten muß der Betreute zahlen, wenn er kann. Sind - mangels Testament - die gesetzlichen Erben nicht so bald auszumachen, setzt das Nachlaßgericht einen Nachlaßverwalter ein, der - wie hier - den Betreuer bezahlt.
Wenn Geschwister so etwas erfahren, reagieren sie oft mit einer Mischung aus Wut und Panik. Daß man auch Schulden erben kann ("Was sind das für Gesetze?"), wissen viele nicht. Ob die Schulden aber höher sind als die Guthaben, wissen sie ebenfalls nicht. (Allerdings spricht die Tatsache der Nachlaßverwaltung für das Vorhandensein von Werten!) Ein letztes Mal Zorn über den "versoffenen" Bruder, zu dem man schon ewig keinen Kontakt mehr hatte - und der einem "nichts als Ärger" bereitet.
Muß man vielleicht ausschlagen? Und ist die Frist nicht längst verstrichen? Man wird um einen Besuch beim Anwalt nicht umhinkommen.
Gemach, gemach - der sagt Ihnen nämlich, daß Sie in Ruhe schauen können. ob die Guthaben höher sind als die Schulden. Die sechswöchige Frist läuft erst ab Kenntnis vom Erbfall ( § 1944 Abs. 2 BGB)
Das war die "Pflicht", jetzt kommt die "Kür":
Ein schlauer Anwalt fragt, wann Sie den Brief erhalten haben. Sie sagen, das ist es ja: komme aus dem Herbsturlaub in der Emilia Romagna - und dann das... "Bingo", sagt der schlaue Anwalt. Sie verstehen nur Bahnhof, komisch finden Sie es schon gar nicht. Der Anwalt läßt sich nicht beirren und lächelt:
Dann haben wir die sechsmonatige Frist des § 1944 Abs. 3 BGB gewonnen. (Er liest vor!) Sie denken: Dessen Job möchte ich nicht haben - und atmen durch...
Es gibt eine elegante Art, zu verhindern, daß man für die Schulden haftet. Man erhebt die sogenannte Dürftigkeitseinrede (gem. § 1990 BGB) und erreicht so, daß die Haftung auf den vorhandenen Nachlaß beschränkt bleibt. Das wird nur auf Antrag (gem. § 780 ZPO) vom Gericht aufgenommen. Hier hat das OLG Thüringen den Erben von amtswegen vorbehalten, den Antrag später zu stellen bzw. auf die Regelung im Gesetz ( § 780 Absatz 2 ZPO) verwiesen.
Eine richtige Entscheidung!