Grundsicherung trotz Erbe ?
30. November 2007
Grundsicherung trotz Geldvermächtnis !
Wer Grundsicherung erhält, steht vor der Frage, ob der Anspruch entfällt, wenn er erbt.
Das LSG Baden-Württemberg hatte am 9.10.2007 zu entscheiden, ob ein Geldvermächtnis, das durch Testamentsvollstreckung beschränkt ist, als Vermögen im Sinne des § 12 Abs. I SGB II heranzuziehen ist.
Es ist der Auffassung, daß die Grundsicherung für Arbeitslose nicht entfällt.
Die Verstorbene hatte ihre Tochter als Alleinerbin eingesetzt. Ihrem alkoholkranken, unter Betreuung stehenden Sohn hatte sie durch Vorvermächtnis einen Geldbetrag von EUR 50.000,00 zugewendet.
Desweiteren hatte sie Testamentsvollstreckung angeordnet mit der Weisung, daß der Vollstrecker allein nach seinem billigen Ermessen über die Höhe der auszuzahlenden Beträge bestimmen dürfe.
Dem Sohn sollten neben seinen „normalen“ Einnahmen, die für seine Lebensführung und seinen Lebensunterhalt notwendigen Beträge überlassen werden.
Als das Vermögen des alkoholkranken Sohnes nach dem Tod seiner Mutter bis auf EUR 200,00 aufgebraucht war, beantragte er Leistungen auf Grundsicherung für Arbeitssuchende. Dies wurde von der Agentur für Arbeit unter Hinweis auf § 12 Abs. I SGB II abgelehnt mit der Begründung, das unter Testamentsvollstreckung stehende Geldvermächtnis sei ein „verwertbarer Vermögensgegenstand“.
Das LSG Baden-Württemberg sah diesen Einwand als unbegründet an. Das Vor-vermächtnis sei nicht zu berücksichtigen, weil der Antragsteller wegen der angeordneten Testamentsvollstreckung gem. §§ 2209, 2211 BGB gehindert sei, über den Vermächtnis-gegenstand zu verfügen. Ihm stehe deshalb gegen den Testamentsvollstrecker kein rechtlich durchsetzbarer Anspruch auf Auszahlung des Vermächtnisbetrages zu. Die Ausle-gung des Testaments ergebe, daß mit dem Geldvermächtnis nicht die laufenden Kosten des Lebensunterhalts des Sohnes zu bestreiten seien, sondern ihm als Notfallreserve zur Verfügung stehen solle.
Auch ein Verstoß des Testaments gegen die guten Sitten gem. § 138 BGB sei nicht gegeben. Hierzu verweist das LSG auf die Rechtsprechung des BGH zum Behindertentestament. Die Anordnung eines Vorvermächtnisses mit Testaments-vollstreckung diene dem Wohl des alkoholkranken Kindes. Wegen der grundrechtlich geschützten Testierfreiheit war die Erblasserin sichtlich nicht verpflichtet, dieses Interesse zugunsten des Trägers der Sozialleistungen hintenanzustellen.