Ärzte
25. Oktober 2006
Gestern der Vortrag vor dem Hausarzt-Zirkel:
Erstaunlich rege Beteiligung; prima. Als erster referiert nicht Herr Diekhöfer von der Fa Pharmdisan, sondern deren kaufmännischer Leiter. Das war für mich enttäuschend, für die Ärzte jedoch schlüssig: Denn sie waren ausschließlich an Fragen der Abrechnung, der Kosten und des Budgets interessiert.
Zum anschließenden Imbiß hatte übrigens die Fa Pharmdisan geladen. Noch Fragen? Mir wurde klar:
Was für Otto-Normalverbraucher bei seinem Apothekenbesuch der Werbe-Kuli ist, das ist für den Arzt die Einladung von Pharmaunternehmen zu Essen, Seminaren, Kongressen in Hotels auf Palma di Mallorca etc. (Wenn Sie denen das sagen, bekommen Sie lauthals Klagen zu hören, das sei alles gar nicht mehr so wie früher... jaja, früher, sagt Karl Valentin, war die Zukunft auch besser.)
Das ist für die so selbstverständlich, daß keinen Augenblick drüber nachgedacht wird; über die Folgen erst recht nicht.
Dr. Günnewig trug in bewährter Manier - und mit erstaunlicher Kenntnis der rechtlichen Aspekte - zum medizinisch-ethischen Kernthema vor.
Nach meinem Vortrag hörte ich von einem stadtbekannten Hausarzt und Internisten die Worte:
"Ich habe bisher meinen Patienten immer gesagt Eine Patientenverfügung ist das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt ist. Nach Ihrem Vortrag werde ich wohl umdenken müssen."
Ich schwanke noch, ob es mich erfreut oder bestürzt. Sicher beides: Lob für den Vortrag; andererseits, ich kann doch nicht allen Ärzten einen Vortrag oder gar ein colloqium privatissimum (was manch einer nötig hätte) halten.
Fazit:
Erschreckend viele Ärzte halten am alten paternalistischen Denken fest!
Wenn Sie doch begreifen wollten, daß die 7 Millionen Bundesbürger, die eine Patientenverfügung bisher errichtet haben, überhaupt nicht lebensmüde und auch keine Erbschleicher sind, sondern schlicht und ergreifend wollen, daß Arzt und Krankenhaus das tun, was sie erklärtermaßen (oder mutmaßlich) für ihr Lebensende wünschen.
Das ist alles - das ist "die ganze Wissenschaft".