Wien, Berggasse 19
14. Mai 2023
& was Juristen von
Sigmund Freud lernen können
Eisberg-Theorie verstehen:
Der ragt nur zu 10 Prozent aus dem Wasser heraus.
90 Prozent verbergen sich unter der Wasseroberfläche;
der Mensch wird zu 10 Prozent von seinem Verstand,
zu 90 Prozent aber von seinen Gefühlen und Trieben geleitet
Der Jurist spricht aber nur "die 10 Prozent" an.
Vielleicht ist das noch zu hoch gegriffen,
wenn es um Leben und Tod geht, um
Vorsorge - bei Krankheit, Alter und Leid.
Ein Grund, weshalb so wenige ein Testament machen ?
Und: Sigmund Freud war ein Meister des Zuhörens.
Stundenlang ließ er seine Patienten
auf der berühmten Couch
im Hause Berggasse 19 in Wien
(heute ein Museum) reden und reden.
Erst danach redete er.
Juristen lieben es gerade umgekehrt:
Zwar sagt zum Beispiel § 17 Beurkundungsgesetz,
die "Magna Charta" des Notars,
er habe den Willen der Beteiligten zu "erforschen",
den Sachverhalt zu klären
und ihre Erklärungen klar und unzweideutig
wiederzugeben;
besonders gern aber widmet sich der Notar der Aufgabe,
"über die rechtliche Tragweite" zu "belehren".
Ja belehren, das tun wir am allerliebsten
(auch am allerbesten ?).
Allerdings verpuffen unsere Bemühungen oft -
siehe oben, den Eisberg - ,
die Menschen nehmen unsere Belehrungen vielfach nicht an,
was uns zu Arroganz - und Zynismus veranlaßt.
Weswegen Juristen folgerichtig "sehr geliebt" werden,
was die wiederum gar nicht verstehen können,
wo sie doch "so toll" sind...
So entsteht Haß-Liebe:
Man geht lieber zum Zahnarzt als zum Anwalt,
möchte aber oft so sein wie ein schneidiger Advokat.
Solche Ungereimtheiten zu erklären, ist wohl
eines der Verdienste des Seelenforschers Freud.