Mit Anwalt...
19. Januar 2013
"Aber bitte mit Anwalt !" - möchte man folgende Episode überschreiben.
Heute vor 90 Jahren schreibt eine österreichische Dame folgendes Testament:
„Die 2 Portraits und die 4 Landschaften, die in
meinem Zimmer hängen, bitte ich meinem Ehe-
gatten, nach seinem Tod der Staatsgalerie in...(?) zu hinterlassen.“
Die Dame starb am 24.01.1925. Es begann eine erbrechtliche Auseinandersetzung, die erst 81 Jahre später durch einen Schiedsspruch vom 15.01.2006 beendet werden sollte.
Streitig war, ob die Dame Eigentümerin der Portraits und der 4 Landschaften war. Wenn sie es nicht war, war Eigentümer ihr überlebender Ehemann. Konnte sie sodann aber mit ihrem Testament den Ehemann verpflichten?
Was war überhaupt Gegenstand der erbrechtlichen Regelung?
Der Streit war von Bedeutung. Dies mag bereits zeigen, daß der gerichtliche Gegenstandswert bei 250 Millionen Euro lag.
Jetzt wird man neugierig, um welche Portraits und Landschaften es sich handelt. Es waren 4 Bilder von Gustav Klimt. Verfügende war Frau Adele Bloch-Bauer. Die Portraits waren die eigenen. Jeder, der sich mit Klimt beschäftigt hat, kennt diese Bilder.
Die Republik Österreich hat um diese Bilder gekämpft, ein wenig hochnäsig und arrogant, weil man sich nicht vorstellen konnte, daß irgendwelche entfernten Erben es durchsetzen könnten,daß die Bilder nach Amerika gingen. Österreich hat verloren. Die Bilder sind inzwischen in Amerika.
Die erfolgreichen Kläger waren durch namhafte amerikanische, kanadische und Wiener Anwälte vertreten. Die Republik Österreich war durch die „Finanzprokuratur“, d. h., durch die eigene Behörde, vertreten.
Einen Anwalt zu beauftragen sah man nicht für notwendig an.
Könnte die Tatsache, daß Österreich so fulminant verloren, daß es nicht einmal substantielle Vergleichsverhandlungen gegeben hat, auch damit zusammenhängen, daß sich Beamte allzu fahrlässig zutrauten, anwaltliche Interessenvertretung zu übernehmen?
So Michael Streck, ehemaliger DAV-Präsident, in dem Aufsatz „Aktuelle erbschaft-steuerliche Probleme“ ErbR 3/2006, S. 66 ff