Unternehmen Bahn
13. März 2018
Letzte Woche ließ es sich nicht vermeiden: Gerichtstermin in Günzburg - halbe Stunde vor Augsburg - und das um 10 Uhr vormittags.
Erste Überlegung, mit dem Auto zu fahren, den Rechtspraktikanten mitnehmen - als Chauffeur - verworfen. Lieber den Zug nehmen! Aber das hieß: Um viertel nach drei aufstehen, mit dem Auto bis Essen fahren, dort Abfahrt vier Uhr 55 mit dem Intercity bis Köln. Dort in den ICE umgestiegen bis Ulm. Letzte halbe Stunde bis Günzburg .
Ankunft neun Uhr dreissig. Der Mandant steht schon da. Wir fahren zum Amtsgericht, verhandeln, beenden den Prozeß mit einem guten Vergleich. Der Mandant lädt mich im historischen Stadtkern zu einer "Portion Kaffee" und einem warmen Apfelstrudel ein. Elf Uhr zwanzig sitze ich im Zug zurück und bin um kurz vor fünf Uhr wieder in Essen, wenig später im Büro. Gut elfhundert Kilometer liegen hinter mir.
So lasse ich mir die Bahn gefallen; besser hätte ich die Strecke mit dem Auto nicht fahren können. Ausgeruht angekommen, die Akte studiert - auf der Rückfahrt entspannt Zeitungen gelesen; als ich die FAZ durch habe, liegt da noch die WELT:
Im Wirtschaftsteil wird die Fielmann-Aktie gerühmt. Klar, eine alternde Gesellschaft braucht Brillen. Den Trend habe ich seit den frühen Neunzigern im Blick.
Zur Belohnung lese ich weiter (zum zweiten Mal) in meinem Buch "Die Vermessung der Welt" von Daniel Kehlmann, muß aber von vorne anfangen, weil ich vergessen habe, was vorher war. Witzig: Der grantelnde Mathematiker Gauß fährt in der Pferdekutsche zum Naturforscher Alexander von Humboldt nach Berlin. Man reist mit der Post. Dann eine genial-gaußsche Bemerkung:
Eigentlich sei es nicht ohne Witz, daß reiche Leute doppelt so lange bräuchten wie arme. Wer Tiere der Post verwende, könne sie nach jeder Etappe austauschen. Wer seine eigenen habe, müsse warten, bis sie sich erholt hätten.
Wie treffend:
Ausgeruhter, bequemer, schneller reist man mit öffentlichen Verkehrsmitteln - wenn`s so klappt wie nach Günzburg !