Straßenjungen
07. November 2024
Meine Gedichte
sind nicht wie vornehmer Leute Kinder mit kleinen Ohren und aristokratischen Händen, geschnürter Taille und zartem Teint in die Welt gesendet worden,
die allenthalben rücksichtsvolle Aufnahme finden und sich dafür mit gesetzten, zierlichen Worten bedanken.
Nein !
Sie sind oder sollen sein eine Kongregation kleiner Straßenjungen, die in roher Gesundheit lustig übereinander purzeln, unbekümmert um ästhetische Situationen,
die fröhlichen Angesichts unter Flachshaaren hervorlachen und sich zuweilen mit der Torheit der Welt einen Scherz erlauben.
Der Schauplatz ihrer Lust ist nicht das gebohnerte Parkett fürstlicher Salons; nicht der farbenglühende Teppich zierlicher Boudoirs;
ihre Welt ist der offene Markt, die staubige Heerstraße des Lebens, dort treiben sie sich umher, jagen und haschen sich,
treten ernst umherstolzierenden Leuten auf die Zehen, rufen den heimwärtsziehenden Bauern ein Scherzwort zu, verspotten den Büttel,
ziehen dem Herrn Amtmann ein schiefes Maul und vergessen die Mütze vor dem Herrn Pastor zu ziehen.
Fritz Reuter, heute
vor 214 Jahren geboren